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2016

Race Around Austria

Triple - Christoph krönt sich zum König des Race Around Austria

Christoph Strasser hat nach 2015 und 2014 zum dritten Mal in Folge das Race Around Austria, eines der schwersten Extremradrennen der Welt, gewonnen. Nach 2.200 Kilometern beendete der Steirer das Rennen in 3 Tagen, 12 Stunden und 41 Minuten. Platz zwei nach einem wahren Krimi holte sich Patric Grüner (3 Tage 19 Stunden 38 Minuten). Der Tiroler, der 2014 und 2015 auch Platz zwei belegte, verwies den Deutschen Markus Hager um hauchdünne zwölf Minuten auf den dritten Platz.

Nach der operationsbedingten RAAM-Pause hatte sich Christoph bei seinem Comeback beim Race Around Austria 2016 mit seiner sechsköpfigen Betreuercrew ein klares Ziel gesteckt: Wenn möglich, den dritten Sieg bei Europas härtestem Radrennen zu schaffen.

In diesem Jahr startete Christoph als einziger Solofahrer am Mittwoch um 8 Uhr morgens. Taktisch ein Vorteil, da er einen besseren Gesamtüberblick über das Feld hatte, motiviert durch Duelle mit Zweierteams, aber auch neu und gewöhnungsbedürftig, als Einziger an einem anderen Tag zu starten. Alle anderen Solostarter wurden bereits am Vorabend ins Rennen geschickt. Sein stärkster Konkurrent war der Vorjahreszweite Patric Grüner aus Tirol, der ebenfalls Dienstag Abend startete.
Das RAA begann für Christoph etwas turbulenter und nervenaufreibender als sonst, da in letzter Minute bemerkt wurde, dass der GPS-Tracker für das Rad noch im Hotelzimmer lag. Durch einen beherzten Sprint von Teamchef Michael Kogler konnte er jedoch noch gerade rechtzeitig am Rad angebracht werden.
Begleitet wurde Christoph beim Start von Regen. Die Wetterprognose für das gesamte Rennen war eher schlecht, eventuell würde es im Hochgebirge sogar Schneefall geben.
Nach den ersten 130km im Rennen fühlte sich Christoph richtig gut, die Wattleistung mit über 250Watt war hervorragend und seine Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 37kmh. Zudem hatte glücklicherweise der Regen aufgehört. In der hügeligen Landschaft des Mühlviertels und der anschließenden Ebene entlang der tschechischen Grenze in Niederösterreich war er sehr schnell unterwegs und hatte einen guten Rhythmus gefunden.

„Endlich ist das deppate auf und ab vorbei und man kann wieder richtig gscheit obidruckn in da Ebene!“

Im Burgenland traf Christoph in der Nacht auf Wildschweine, die die Fahrbahn kreuzten und eine Fledermaus, die ihn während der Fahrt streifte. Da weiß man wieder, warum es die Helmpflicht gibt! Nach dem ersten Tag und der ersten Nacht lag Christoph nach 26,5h bei 870km, auch die ersten Einzelfahrer hatte er bereits überholen können. Diese neue Situation motivierte ihn zusätzlich, war er es doch aus den letzten Jahren gewohnt meist von Beginn des Rennens an in Führung zu sein. Die Möglichkeit, das Feld von hinten aufzurollen, beflügelte ihn zusätzlich und teilweise fuhr er auch schneller, als es geplant war. Diese erhöhte Geschwindigkeit führte jedoch auch dazu, dass Christoph früher als sonst einen ersten Müdigkeitseinbruch erlitt. Ein kurzer ungeplanter Stopp wurde notwendig, dauerte aber lediglich 20 Minuten.
Bei der Zeitstation Halbenrain war Christoph wieder gut in Schuss und nahm kurz darauf die steile Weinstraße in Angriff, die zu einem seiner Trainingsreviere zählt. Das Zweierteam seiner Freunde und Trainingskollegen Severin Zotter (Sieger RAAM 2015) und Lukas Kienreich konnte zu Christophs Freude erst nach der Soboth zu ihm aufschließen. In Kärnten stattete auch Christophs ehemaliger Trainingskollege David Misch (RAAM Rookie of the year 2013) einen kurzen Besuch ab und begleitete, ebenfalls am Rennrad, Christoph für ein paar Kilometer, was laut Reglement erlaubt war. Motiviert durch die kurzen Gespräche mit seinen Freunden ging es nun auf ins Lesachtal, den unrhythmisch steilen Streckenabschnitt, den Christoph beim Race Around Austria am wenigsten leiden kann.
Wie jedes Jahr konzentrierten sich Christoph und sein Team bis Kötschach Mauthen nur auf ihr eigenes Rennen und beachteten die Zeiten der anderen Fahrer noch nicht. Bei dieser Timestation lag Christoph bereits knapp sechs Stunden vor dem Zweitplatzierten Markus Hager, dieser hatte mittlerweile den Tiroler Patric Grüner eingeholt. So ging es zügig weiter in Richtung Obertillach und Lienz.

Ab dieser Timestation änderte sich die Streckenführung, da der Großglockner wegen Schlechtwetter und Schneefall tatsächlich gesperrt werden musste. Die Umleitung führte durch den Felbertauern-Tunnel, den die Athleten im Auto durchqueren musste. Aus diesem Grund wurde die zweite Schlafpause während des Transfers durch den Tunnel eingelegt, um diese Zeit effektiv zu nutzen.
Bei der letzten Timestation vor der Umleitung der Originalstrecke über den Felbertauern-Tunnel in Lienz (nach 41:07 Stunden im Rennen) war Christoph um 02:17 Stunden schneller als im Jahr 2015 und 12 Minuten schneller als im Jahr 2014. Diese Vergleichszeiten sind insofern interessant, da sich in der Endabrechnung die Finisherzeiten aufgrund der Streckenänderung- und Verkürzung (um 48km) kaum mit 2016 vergleichen ließen.

Zwischenstand RAA – Lienz (1206 km absolviert)

1.Christoph StrasserAUT01d:17h:07min29,3 km/h
2.Markus HagerGER01d:22h:47min25,8 km/h
3.Patric GrünerAUT01d:23h:28min25,4 km/h
4.Mario BergmayrAUT02d:05h:03min22,7 km/h
5.Stefan SchrenkAUT02d:06h:20min22,2 km/h

 

Eine amüsante, wenn auch gefährliche Anekdote lässt sich über die Italienerin Angela Perin und ihr Team erzählen. Sie überquerten den Großglockner trotz dessen Sperre, was dem Umstand geschuldet war, dass niemand in ihrem Team Deutsch oder Englisch sprach geschweige denn verstand. Trotz Schnee und eisigen Straßen überstand sie jedoch die Überquerung ohne Zwischenfälle und konnte trotz dieser „Mehrleistung“ die Frauenwertung des Rennens später für sich entscheiden.

Für Christoph ist das Kühtai der schwierigste Anstieg im Rennen, es ist nicht nur der steilste Anstieg des Rennens, sondern auch unrhythmisch zu fahren und man weiß nie, ob hinter der nächsten Kurve nicht Kühe auf der Straße warten. Die Region um das Kühtai und das Ötztal kennt Christoph gut vom Ötztaler Radsportcamp, wo er sich drei Wochen vor dem Start zum RAA in seiner Tätigkeit als Guide auch auf diese Passagen im Rennen vorbereiten konnte.
Christophs gesundheitlicher Zustand war bis auf die „üblichen Verschleißerscheinungen“ an den Knien und der Achillessehne und vermehrter Müdigkeit gut. Um ihm die Anstiege auf das Kühtai etwas zu erleichtern, joggte sein betreuender Arzt und passionierter Bergläufer Arnold Schulz immer wieder mit ihm mit, um ihn dadurch etwas zu motivieren und vom schwierigen Anstieg abzulenken.

Begleitet vom wieder verstärkt einsetzenden Regen erreichte Christoph am Nachmittag des dritten Renntages die Silvretta Hochalpenstraße. Auf der Passhöhe angekommen hörte dieser jedoch auf und Christoph und sein Team erlebten eine rasante Abfahrt in das atemberaubend schöne Montafon. Bei dieser Abfahrt, die durch viele Serpentinen und enge Kurven mit Vorsicht zu genießen ist und keine ganz hohe Geschwindigkeit zulässt, kamen die Scheibenbremsen von Christophs Roubaix richtig zum Einsatz. Unten angekommen ging es auf der 40km langen und leicht fallenden Geraden in Richtung Bludenz. Was nach einer einfachen „Rollerpassage“ klingt, ist mit dem enormen Schlafdefizit aber sehr gefährlich: Durch die bergab minimale Anstrengung kann die Müdigkeit immer stärker werden, und Christoph konnte sich teilweise nur mit Selbstgesprächen wach halten.
Nun galt es noch einmal alle Reserven zu mobilisieren, schließlich wusste Christoph, dass es von hier bis ins Ziel nur mehr knappe 24 Stunden dauern würde. Kurz vor Bludenz gab es beim Schichtwechsel des Teams ein kurzes Tankstellen-Stell-dich-ein, bei dem sich die Strasser-Crew auf den letzten Renntag einschwor. Im Dunklen ging es dann über das Faschinajoch, begleitet von Fans, die ganz spontan schmackhafte Verpflegung für das Team überreichten.

Die Fahrt auf den Hochtannbergpass und die anschließende Abfahrt zehrten jedoch an Christophs Kräften, weswegen kurz vor Reutte ein Powernap eingelegt wurde. Der Fernpass wartete als nächstes, und hier ist volle Konzentration gefordert. Vor diesem Teil der Strecke graute nicht nur Christoph, sondern auch seiner Crew. Die stark befahrene Transitroute, vollgestopft mit deutschen Touristen am Rande des Nervenzusammenbruchs, fragwürdigen österreichischen Verkehrsteilnehmern und Holländern, die sich bekanntlicherweise mit Bergen eher weniger auskennen, forderte somit Nerven aus Drahtseilen und innere Ruhe. Eigentlich erhoffte sich das Team, dass in den frühen Morgenstunden weniger los sein würde, das erwies sich jedoch als ein Irrglaube. Der Wahnsinn trug auch dieses Jahr wieder den Namen Fernpass, konnte schließlich aber doch gemeistert werden.

Im Inntal wurde dann vom Roubaix wieder auf das Zeitfahrrad gewechselt, um in der Ebene in Aeroposition nochmals richtig Gas geben zu können.
Am letzten Renntag plagte sich Christoph aufgrund unerwarteter Hitze und Motivationstiefs doch sehr.

Ich wusste einerseits, dass ich bei sturzfreier Fahrt gewinnen würde, und andererseits, dass Patric Grüner, der vor mir auf der Strecke lag, nicht mehr einzuholen war. Diese Situation war für meine Motivation ein grober Dämpfer.

Aber gepusht durch sein Team und die zahlreichen Fans an der Strecke, die ihn kurz vor dem Ziel sogar mit bengalischen Feuern begrüßten, konnte er seine letzten Energiereserven mobilisieren und mit einer Zeit von 3 Tagen, 12 Stunden und 41 Minuten das Rennen als Sieger beenden. Knapp sechs Stunden hinter ihm wurde Patric Grüner Zweiter, gefolgt von Markus Hager auf dem dritten Platz, lediglich getrennt durch 12 Minuten.

Insgesamt geschlafen hatte Christoph während des gesamten Rennens nur 1 Stunde und 10 Minuten, aufgeteilt in vier Powernaps. Das Wetter war in diesem Rennen wohl so turbulent und abwechslungsreich wie noch nie: zu Beginn des Rennens starker Regen mit der Prognose, tagelang anzudauern. Doch stattdessen hörte der Regen auf, es folgte von Kälte, besonders in den Nächten. Gegen Halbzeit wieder Regen und zum Schluss zeigte sich dann doch der österreichische Sommer, und zwar von seiner radikalen Seite: unbändige Hitze verlangte Christoph noch einmal alles ab und somit fielen ihm die letzten Stunden bis ins Ziel wirklich schwer.
Das Comeback nach seiner schweren Schulterverletzung war somit gelungen. Christoph hatte es geschafft: er konnte drei Jahre in Folge das härteste Radrennen Europas für sich entscheiden.

Endstand RAA 2016 – St. Georgen (2100 km absolviert)

1.Christoph StrasserAUT03d:12h:41min24,8 km/h
2.Patric GrünerAUT03d:19h:38min22,9 km/h
3.Markus HagerGER03d:19h:50min22,9 km/h
4.Thomas MauerhoferAUT04d:08h:00min20,2 km/h
5.Mario BergmayrAUT04d:12h:17min19,4 km/h