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2017

World Record Australia

Down Under Seven - Christoph pulverisiert Australien-Rekord!

Christoph Strasser hat einen neuen Rekord fixiert: Mit dem „Weltrekord Down Under powered by owayo“ pulverisierte er nach 3.950 Kilometern die alte Bestmarke um rund 490 Kilometer! Nach einer offiziellen Fahrzeit von 6 Tagen, 10 Stunden und 58 Minuten stellte er von Perth nach Sydney klar einen neuen Streckenrekord auf. Damit ist ihm ein Eintrag in die Liste der UMCA/WUCA (World Ultracycling Association) Rekorde sicher!

Nach vielen RAAM- und RAA-Teilnahmen stellte sich zwangsläufig die Frage, einmal etwas neues, unbekanntes zu wagen. Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung fiel die Entscheidung jedoch sehr schnell. Auf den Spuren von Wolfgang Fasching und Gerhard Gulewicz wollte Christoph Australien durchqueren. Seit einigen Jahren war es ein Traum von Christoph, dieses Projekt zu realisieren. Aber ein recht kompakter Rennkalender ließ nie genug Zeit für Vorbereitung und Durchführung. Nach der Schulter-Operation 2015 begann die Idee jedoch Gestalt anzunehmen und nach kurzer Zeit stand fest: Australien würde im Winter 2016/2017 stattfinden. Durch die verletzungsbedingte Absage des RAAM 2016 war genug Zeit für Organisation und Training. Ein neues Abenteuer brachte auch genau den Effekt, den Christoph benötigte: wieder mit Feuer und Flamme für ein neues Projekt zu brennen, die vielen RAAM-Teilnahmen hatten ihn doch etwas müde gemacht, zudem würde die einjährige RAAM-Pause auch das Feuer für das härteste Radrennen der Welt wieder zum Lodern zu bringen.

Doch was würde Christoph erwarten? Grob gesagt, unbändige australische Hochsommerhitze, Temperaturschwankungen zwischen 23 - 45 Grad Celsius, interessanter Straßenbelag, Kängurus und Emus, wenige Kurven und die längsten LKW’s der Welt.
Für die Durchquerung dieses Kontinents hoffte Christoph auf gemäßigtere Temperaturen, denn knapp sieben Tage bei über 40 Grad Celsius zu fahren würde ihn wohl an seine Grenzen bringen.
Die Anreise mit drei der insgesamt acht Betreuern erfolgte zu Silvester: auf das neue Jahr und einen hoffentlich gelingenden Rekord wurde hoch über dem pazifischen Ozean im Flugzeug angestoßen. Etwas mehr als eine Woche hatte Christoph dann Zeit, sind an das australische Klima anzupassen und letzte Vorbereitungen mit seinem Team abzuschließen. Ein Höhepunkt vor dem Start war die Erfüllung eines „Bubentraums“: er konnte Roger Federer beim Hopman Cup in Perth live erleben, was für ihn als glühenden Fan ein echtes Erlebnis war.

Am 10. Januar 2017 um 14 Uhr war es dann soweit für Christoph und sein achtköpfiges Team: der Startschuss zur Australien-Durchquerung fiel. Gestartet wurde in Perth. 3950 Kilometer australische Straßen warteten darauf, Bekanntschaft mit Christophs Rennrad zu machen. Mit herzlicher Unterstützung der in Perth lebenden Österreicher-Gemeinde startete Christoph bei 36° und guter Stimmung. Die ersten Kilometer durch die Stadt gestalteten sich problemlos und auch den ersten Anstieg auf den Mt.Helena legte er in bergerprobter Manier zurück. Auf der darauffolgenden Hochebene nach Northam schlägt die australische Hitze mit 39° voll zu, doch sein selbst gebasteltes Sprühsystem (eine Sprühflasche wurde auf den Lenker montiert und mit dem Wassertank im Rahmen verbunden), Sprühregen aus dem Betreuerauto mittels eines Pumpsystems und eine Kühlweste schufen Erleichterung. Außerdem konnte sich Christoph bei leichten Müdigkeitseinbrüchen mit dem Sprühsystem am Rad selbst wachhalten.

Nach acht Stunden Fahrt hatte Christoph 257km hinter sich und der Einbruch der Nacht verschaffte ihm die dringend benötigte Abkühlung. Die gefürchteten, riesigen Roadtrains stellten ein geringeres Problem da, als zu Beginn gedacht: die Fahrer dieser Monstrositäten überholten sehr vorsichtig und mit ausreichend Abstand und feuerten Christoph zudem an. Somit wich auch die Sorge, dass diese Ungetüme gefährlich werden könnten. Nach 15 Stunden fahrt standen 500km auf Christophs Konto, alles verlief nach Plan.

Während Christoph die kühlen Temperaturen nutzte, um seine Geschwindigkeit etwas zu erhöhen, sah sich sein Team jedoch vor eine neue Herausforderung gestellt: die Internet-Verbindung im australischen Nirgendwo ließ mehr als zu wünschen übrig und stellenweise waren sie mehrere Stunden offline. Das führte nicht nur bei Christophs Fans zu Irritationen, sondern erschwerte auch das Organisieren vor Ort und die Kommunikation nach Hause. Sogar das Satellitentelefon brachte nur eine äußerst schlechte Verbindung zustande. An Tankstellen gab es ebenfalls kein offenes WLAN und auf die Nachfrage, ob man sich kurz einloggen dürfe, erntete man ein Nein aufgrund eines zu geringen Datenvolumens, dass die Tankstelleninhaber dringend selber benötigten.
Australien ist also definitiv anders, verwöhnt von beinahe omnipräsentem WLAN wie in den USA musste man sich hier drauf einstellen, stundenlang keine Verbindung zur Außenwelt zu haben.

Christoph hatte am ersten Tag 750km zurückgelegt, in den ersten kühlen Nachtstunden passierte er bei Coolgardie die größte Goldmine des Landes. Dann wartete auf Christoph die längste Gerade der Welt: 146km ohne eine einzige Kurve. Und dieser monotone Streckenabschnitt musste auch noch bei 40 Grad bewältigt werden. Durch eine Minderung der Wattleistung und erhöhte Flüssigkeitszufuhr konnte Christoph jedoch auch diesen Abschnitt gut bewältigen.

"Ich mag gerade Strecken irrsinnig gerne und habe mich auf die Nullarbor-Gerade schon monatelang gefreut. Doch die Wirklichkeit war ernüchternd. Einerseits war es dunkel, und andererseits war die Gerade davor 100km und die darauffolgende 80km lang. Die längste Gerade der Welt war also nichts Besonderes. Irgendwie fast logisch!"  

Nach 48 Stunden Fahrtzeit und 1350 km wartete nach der zweiten angenehm kühlen Nacht und einer Schlafpause nun die Nullarbor Ebene auf Christoph und sein Team. Diese Ebene erlangte Berühmtheit durch die Band AC/DC, die dort ihren Hit „Highway to hell“ schrieb. Untypischerweise begann es zu regnen und das verschaffte Christoph zusätzlich eine erwünschte Abkühlung. Der anfänglich leichte Regen mündete dann jedoch in einen Dauerregen.

Nach der Abfahrt vom Madura-Pass änderte sich nicht nur die Zeitzone, sondern auch die Natur rundum. Schon interessant, was sich in Australien Pass nennen darf: Der Madura-Pass ist mit gerade einmal 150 Meter Höhe für uns österreichisches Gebirgsvolk ein kleines Hügelchen, in Australien wird er tatsächlich als Pass gehandelt.
In einer steppenähnlichen Umgebung tummelten sich nun auch viele Kängurus. Die Nullarbor Ebene zog sich in die Länge und durch den andauernden Regen musste Christoph mit Betreuer-Bekleidung ausgeholfen werden, da niemand erwartet hatte, im australischen Hochsommer auf solche Regengüsse zu stoßen. Am Ende des dritten Tages schließlich erreichte Christoph mit Eucla den Halfwaypoint.1980km lagen nun hinter ihm.

An der Grenze zu Victoria musste Christoph mit böigem starkem Gegenwind kämpfen. Zusätzlich plagten ihn extreme Müdigkeit, er hatte erste auftretende Halluzinationen und konnte dadurch auch weniger Druck aufs Pedal bringen. Die Halluzinationen gingen so weit, dass Christoph glaubte, einer seiner Betreuer hätte einen Emu im Schwitzkasten. Völlig irritiert und aufgeregt fragte er nach, woher Kameramann Jürgen denn diesen Emu hätte. Es stellte sich dann heraus, dass der Emu in Wirklichkeit ein dreibeiniges Kamerastativ war. Der australische Laufvogel wurde also nicht im Schwitzkasten gehalten sondern lieferte sehenswerte Videos.

Durch den heftigen Gegen- und Seitenwind wurde das Traumziel von 6,5 Tagen etwas frustriert verworfen. Diese Situation gestaltete sich für Christoph und sein Team als wahre Herausforderung:  zwar weit vor dem bestehenden Rekord, andererseits keine Chance das persönliche Ziel von 6,5 Tagen zu schaffen. Dies lies die Motivation zeitweise absinken, trotzdem galt es weiterhin so schnell wie möglich Kilometer zu machen.

Am Ende des fünften Tages trennten ihn vom Ziel in Sydney nur noch 855km, zur Müdigkeit gesellten sich auch frische Temperaturen von nur 12 Grad, ein gewaltiger Unterschied zu der anfangs vorherrschenden Hitze und den darauffolgenden Regenfällen. Auch die körperlichen Schmerzen traten nun etwas in den Vordergrund. Durch die Ermüdung fiel es auch immer schwerer den Schwerverkehr gelassen zu nehmen, auch wenn die Trucker nach wie vor mit äußerster Vorsicht überholten und sich wirklich rücksichtsvoll verhielten.
Die Müdigkeit und die Halluzinationen hielten auch in Narrandera noch an und machten Christoph, geschuldet seinen Konzentrationsproblemen, in einem Kreisverkehr zum Geisterfahrer, da er kurzzeitig vergaß, dass in Australien Linksverkehr herrscht. Bewusst wurde ihm dieses Missgeschick, als ihm im Kreisverkehr ein Australier in einem Klein-Laster und verdutztem Blick entgegen kam. Unbeschadet dank der Rücksichtnahme des Australiers überstand er auch diesen Denkfehler.
Als schließlich nur mehr 330km von Sydney trennten, war es wirklich mühsam für ihn geworden, nach kleineren Pausen wieder in die Gänge zu kommen und eine einigermaßen gute Leistung abzurufen.

In Wagga-Wagga waren viele Fans zusammengekommen, um Christoph anzufeuern und brachten ihm sogar Cremes für den womöglich wunden Hintern mit. Doch die jubelnden Fans am Straßenrand irritierten ihn zunächst und der starke Verkehr zerrte zusätzlich an seinem Nervenkostüm. Christoph wurde aufgewühlt, er begann zu schimpfen und sich über die Autofahrer aufzuregen. Dieser aufgewühlte Gemütszustand von Christoph war jedoch positiv, denn während er vom Rad schimpfte wie ein kleiner Rohrspatz, fuhr er auch wieder um einiges schneller als zuvor.

Am Anstieg auf die Erhebung des Kosciuszko-Nationalparks, auch „Blue Mountains“ genannt, dem letzten Gebirge vor der Küste, verordnete ihm sein Team einen Wechsel auf das Roubaix. In Kombination mit dem fortan gut ausgebauten Hume-Highway, der das gefahrlose Befahren des Pannenstreifens ermöglichte, lief Christoph doch noch einmal zur Höchstform auf. Es war beeindruckend zu sehen wie er aus dem tiefsten Motivationsloch wieder aus dem Sattel steigen konnte und den wieder vorherrschenden 35° Hitze trotzte.

Plötzlich schien wieder alles möglich: Der Speed nahm zu und scheinbar mühelos kletterte er auf die 700 Meter hohe Bergkette. Die letzten Kilometer vor Augen fokussierte sich Christoph noch einmal auf das Wesentliche: mit ordentlich Watt eine Wahnsinns-Zeit nach Sydney zu fahren. Und auch das zuvor schon abgehakte Ziel von 6,5 Tagen war wieder in Reichweite. Und es gelang auch.

Am Dienstag, 4 Uhr Früh war es geschafft: Nach 6 Tagen, 10 Stunden und 58 Minuten schaffte Christoph einen neuen Weltrekord. Die Rekordfahrt durch den australischen Kontinent wurde von der UMCA anerkannt. Doch so spektakulär sich das liest – so unspektakulär war die Zieleinfahrt: das Ziel in Sydney war, wie nicht anders zu erwarten, das beeindruckende Opernhaus am Hafen. Um vier Uhr Früh ist diese jedoch nicht beleuchtet, Christoph und sein Team kamen also in schwärzester Nacht an. Dem nicht genug, wurden Christoph und seine Crew von Securities aufgefordert, leise zu sein und den Ort zu verlassen. Auch das Fotografieren und der wohlverdiente Schluck Sekt wurde untersagt.
Auf diese etwas ernüchternde Zieleinfahrt folgten jedoch ein paar Tage Urlaub am Strand, die Besichtigung Sydneys und allem voran viel und gutes Essen!

Christoph konnte also den aktuellen Rekord von Gerhard Gulewicz (7 Tage, 8 Stunden und 49 Minuten) unterbieten. Gerhard gab ihm auch in der Vorbereitung Tipps zur Route und stellte Christoph seine GPS-Daten zur Verfügung, was bei der genauen Planung weiterhalf.

„Gerhard hat bei seiner Rekorddurchquerung 2007 etwas wahrhaft Beeindruckendes geschafft: nur 320 km vor dem Ziel in Sydney ist er schwer gestürzt und mit Knochenbrüchen, einer Augenverletzung und ausgeschlagenen Zähnen weitergefahren. Vor dieser Leistung ziehe ich meinen Hut!“

Bestleistungen Perth - Sydney:
Christoph Strasser: 6d10h58mins (2017)
Gerhard Gulewicz: 7d8h49mins (2007)
Wolfgang Fasching: 7d19h47mins (1999)

Australien ist ein wirklich wunderschönes Land, die Menschen sind sehr hilfsbereit und freundlich. Doch trotz der großen Freude, dass dieses Abenteuer gelang und ein neuer Rekord mit Hilfe seines Teams aufgestellt werden konnte, blickte Christoph bereits mit einem Auge auf das RAAM 2017, bei dem er sein RAAM-Comeback mit einem Sieg feiern wollte.