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Nachbetrachtung: Mein persönlicher Bericht vom RAAM 2012

So erlebte ich das Rennen - Es war ein ständiges Auf und Ab, ein wahrer Krimi, ein großer Kampf, ein verlorenes Duell und doch wie ein Sieg. Beim RAAM gibt es immer wieder neue Herausforderungen, die man nur als Team meistern kann.

das bisher härteste RAAM: 2012 war einfach brutal.

Das Race Across America wird von den Medien und den Veranstaltern immer als das längste und härteste Radrennen der Welt dargestellt. Ich war immer der Meinung, dass es definitiv das längste Radrennen der Welt ist, aber ob es das härteste ist, kann ich nicht beurteilen – dazu müsste ich alle Rennen fahren, die es gibt. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass die Tour de France viel angenehmer ist… Beim RAAM 2011 ist es mir den Umständen entsprechend sehr gut gegangen, ich war zwar geistig durch den Schlafentzug am Limit, körperlich kam ich aber ohne gravierende Probleme durch. In diesem Jahr war es anders, und ich lernte das RAAM von seiner besonders harten Seite kennen.

Vor dem Start fühlte ich mich perfekt in Form, die letzten beiden Wochen der Vorbereitung verliefen ideal (siehe Tagebuch), ich war gut an die Hitze akklimatisiert und hatte vom Sieg beim Race Around Slovenia gutes Selbstvertrauen und wusste dass mein körperlicher Zustand noch etwas besser war als vor dem RAAM 2011. Mein Betreuerteam war super eingespielt und so gingen wir voller Zuversicht und mit dem Ziel das Rennen zu gewinnen an den Start.

Bereits bei der ersten Time Station kam aber alles ganz anders. Ich ging als letzter der 47 Einzelfahrer ins Rennen und konnte gleich nach dem Start viele vor mir gestartete Fahrer überholen. Am ersten von zwei Anstiegen hinauf zum Lake Henshaw konnte ich auch an Gerhard Gulewicz, dem österreichischen Mitfavoriten vorbeiziehen, was mich besonders motivierte. Doch am zweiten Anstieg, den ich im Training mehrere Male befahren bin, passte etwas nicht mehr in mir. Der Puls stieg immer weiter, während die Leistung stark abfiel. Ich schwitzte sehr stark, obwohl die Temperatur erst bei knapp über 30°C lag. Als Vergleich kann ich hier anführen, dass ich beim Race Around Slovenia bis zur ersten Time Station eine Leistung von 300W mit einem Puls von 150 fuhr, hier lagen meine Werte laut power2max-Kurbel bei ernüchternden 200W und über 165 Puls. Ich war beunruhigt, wusste aber dass das Rennen erst anfing und ich einfach einen Gang zurückschalten musste. Ich musste verdutzt zusehen, wie mich alle Fahrer wieder überholten und fiel Platz um Platz zurück.

Da man zu Beginn sein Team nur beim Vorbeifahren am Strassenrand trifft (die „leap-frog“ Regelung schreibt das vor) konnte ich meine Probleme nicht mit Sportarzt Rainer besprechen. Ich musste mein Spaziertempo weiterfahren und auf Besserung hoffen. In der Abfahrt und in den elendslangen Geraden durch die kalifornische Wüste konnte ich einen schonenden Rhythmus finden und wieder etwas Tempo aufnehmen. Ich trank in dieser 40°C heißen Rennphase laut Protokoll 7 Liter in 4 Stunden, und trotzdem litt ich an Symptomen einer Dehydrierung. Irgendwie kämpfte ich mich in die erste Nacht und hoffte auf Besserung im kühlen, sternenklaren Arizona. Doch so richtig gut ging es mir nach wie vor nicht, ich duellierte mich mit dem Spanier Julian Sanz Garcia, der mich immer wieder attackierte, an mir vorbeizog und wenige Minuten später wieder langsamer wurde. Seine Tempospielchen machten mich verrückt, außerdem litt ich nach wie vor unter den Folgen der extremen Hitze. Rainer traf dann die Entscheidung zu einer kurzen Pause, da meine Muskulatur nun auch zu krampfen begann. Viel Flüssigkeit, Salz, Magnesium und 20 Minuten Schlaf taten mir gut, ich konnte bei der Weiterfahrt aufs Tempo drücken und wieder einige Plätze gut machen.

Als die Sonne aufging, erreichten wir die 42km lange gerade von Salome, der TS5. Ich liebe diese Gegend normalerweise, doch nicht 2012. Es wurde schon am frühen Morgen wieder unangenehm heiß, beim Anstieg auf den unter RAAM-Fahrern gefürchteten Yarnell Grade war die Hitze mittlerweile wieder unerträglich. Das 1-minütige kühlende Bad im aufblasbaren Mini-Pool der TS 6 in Congress half mir auch nur bedingt. An diese Phase des Rennens kann ich mich nicht mehr im Detail erinnern, es folgten einige Anstiege, die weder besonders lange noch besonders steil waren, doch sie machten mich völlig fertig. Ich weiß nur mehr, dass es heiß war, dass mir schlecht war, dass ich wusste ich müsste da durch, dass die Landschaft schemenhaft und langsamer als gewohnt an mir vorbeizog und dass ich mich irgendwann vom Rad übergeben musste. Die aufgestaute Flüssigkeit schoss aus mir heraus und keiner konnte mir helfen. Als Thomas und Christian das nächste Mal auf mich warteten, stieg ich sofort ins Pace-Car und versuchte mich zu sammeln. Ich schaffte noch einige km bevor wir an einer Baustelle warten mussten. Dieser Stopp war schon angekündigt, die Fahrer mussten etwa 3km mit dem Auto durch die Baustelle gefahren werden. Dort blieben wir noch länger stehen, und Thomas ließ mich etwas schlafen, Christian massierte meine Beine. Es war der zweite ungeplante Stop, doch die Umstände erforderten es.

Nach dem Aufwachen rollte ich langsam weiter, schaffte noch den schwierigen Anstieg nach Cottonwood und den langgezogenen Canyon hinauf nach Flagstaff. Dort angekommen war es schon dunkle Nacht, und langsam aber sicher fühlte ich mich wieder wie „der Alte“. Der Wechsel der Betreuercrew brachte auch wieder neuen Schwung, genauso wie die lange Abfahrt in Richtung Monument Valley. Wir entschieden auch die zweite Nacht durchzufahren, immerhin hatte ich ja schon 2 mal 20 Minuten geschlafen in den letzten 36 Stunden, und vor allem war jetzt die Zeit gekommen um die Aufholjagd zu starten. Die Motivation war hoch, mein Körper wieder fit und ich habe endlich meinen Renn-Rhythmus gefunden. Die Nahrungsaufnahme klappte, die Beine drehten schnell und locker, der Spaßfaktor war endlich wieder hoch und – das war das Wichtigste – der Vorsprung der Spitzenreiter wurde kleiner. Gegen Ende der Nacht dann ein Schlüsselerlebnis: am Strassenrand sahen wir das parkende Wohnmobil von Gerhard Gulewicz, dem Zweitplatzierten, der gerade seine erste Schlafpause abhielt. Ich war also auf Platz 2, vor mir nur mehr Reto Schoch, der als Geheimfavorit galt. Doch der kleingewachsene, 50kg leichte Schweizer war zum ersten Mal dabei, er war Rookie, und hatte noch keine Erfahrung in Langstreckenrennen – sein längstes Event war die Tortour Suisse, die nach 1000km endet. In dem Moment war ich mir sicher, dass ich auch ihn bald einholen würde, denn es lief richtig rund.

Die Time Stations durch das Monument Valley, Mexican Hat, Cortez und Durango absolvierte ich problemlos, bis ich in Durango wieder etwas müde wurde. Abermals legten wir einen Powernap ein, da ich nun schon wieder fast 24 Stunden unterwegs war. Das Prozedere ähnelte dem Tag davor: Mit Einbruch der Nacht durfte mich mein Team wieder begleiten, die „leap-frog“ Regelung (Betreuung vom Strassenrand) galt nur tagsüber. In der dritten Nacht verfolgten wir ein klares Ziel, nämlich die ganzen Rockies auf einmal zu absolvieren, und danach – sozusagen als Belohnung – die erste längere Schlafpause von 1:30 Stunden einzulegen. Und dieses Vorhaben gelang auch. Es war ein Kraftakt, doch mein Team konnte mich wieder so hervorragend versorgen und motivieren, dass wir gemeinsam eine wahre Monsteretappe auf den Asphalt Colorados zauberten. Am vorläufigen Ende meiner Kräfte kämpfte ich im Sonnenaufgang gegen die unrhythmische Steigung des Cuchara Passes und rollte dann mit letzter Konzentration im Duell gegen den Sekundenschlaf die Abfahrt hinunter nach Trinidad. Nach 1800 km und 67 Stunden war es nun soweit: ich fiel erstmals im Wohnmobil in den Tiefschlaf!

Teamchef Rainer stellte beim medizinischen Check optimale gesundheitliche Werte fest, es war nun also schwarz auf weiß dass ich körperlich wieder voll da war. So konnte die Aufholjagd weitergehen. In den Ausläufern der Rockies, wo es ständig flach oder leicht fallend dahinging, konnte ich mit hohem Tempo weiter Zeit gut machen. Spektakulär wurde es dann kurz vor Sonnenuntergang, als sich Gewitterwolken auftürmten und in der Ferne heftige Unwetter niedergingen. Wir hofften, dass uns der immer stärker werdende Rückenwind vor dem Sturm flüchten ließ, doch wenige Minuten später erlebten wir ein beängstigendes Szenario: der Hurrikan holte uns ein, der Sturm wurde immer heftiger, Regen, Blitz und Donner wüteten um uns, wir waren mitten im heftigsten Unwetter, das wir je erlebt hatten. Der Himmel verdunkelte sich, Böen aus aufgewirbeltem Staub verschleierten die Sicht. Mit 60 km/h wurde ich ohne zu treten dahin geschoben, mit einer Staubmaske versuchte ich der Naturgewalt zu trotzen. Ich hätte Angst um mein Leben gehabt, wäre nicht mein Team im Pace Car hinter mir gewesen. Nach wenigen Minuten wurden wir in der schutzlosen Prärie – mittlerweile im Bundesstaat Kansas – von der Polizei an der Weiterfahrt gehindert und mussten die Strasse verlassen. Im Schutze einer Kirche im nächsten kleinen Dorf (die Kirche war das massivste Gebäude) mussten wir eine Zwangspause von 1:15 Stunden einlegen. Als der Sturm allmählich nachließ, durften wir im Regen bei nunmehr starkem Gegenwind weiterfahren. Im hektischen Treiben im Wohnmobil mit versammeltem Team konnte ich total durchnässt kaum schlafen und die unfreiwillige Pause nicht wirklich nutzen. Trotzdem war die Ruhe ausreichend, um die nächste Nacht wieder durchzufahren.

Im Morgengrauen, kurz vor dem Halfwaypoint war es dann soweit: ich konnte erstmals den 30 Minuten vor mir gestarteten Reto Schoch einholen. Nach einem kurzen Small-Talk konnte ich sogar die Führung übernehmen und unsere „Halfwaypoint-Party“ genießen. Für 5 Minuten blieb ich stehen und staunte nicht schlecht, was sich meine Betreuer wieder für eine Überraschung einfallen ließen. Wir feierten als Führende des RAAM 2012 gut gelaunt mit einem Energy drink und einem Ensure (meiner Flüssignahrung) das bisher geschaffte, und machten uns dann gleich wieder auf den Weg Richtung Osten, Richtung Ziel!
Was die nächsten Tage folgte, war wohl etwas für die Geschichtsbücher des RAAM. Reto und ich lieferten uns ein enges und erbittertes Duell, die Führung wechselte immer wieder zwischen uns hin und her.

Keiner konnte sich entscheidend absetzen, keiner brach ein oder verlor Zeit. Durch Kansas und Missouri gab es einige Überholmanöver, bis sich „Leichtgewicht“ Reto in den Hügeln vor dem Mississippi etwas an Vorsprung erarbeiten konnte. Die brutal steilen Rampen machten mir bei mittlerweile wieder enorm schwüler Hitze sehr zu schaffen, ich holte die letzte Energie aus mir heraus um mit stärker werdenden Knieschmerzen die nächste Schlafpause kurz vor der Überquerung des Mississippi zu erreichen. Ich sah Reto nicht mehr, doch durch die verschobene Startzeit von 30 Minuten war ich virtuell vor ihm. Bei der TS 39 in Bloomington waren wir sogar auf die Minute gleich auf, das Duell war spannend und nervenzerreißend eng. Gerhard Gulewicz lag auf Platz drei schon sehr weit zurück und konnte in unseren Zweikampf nicht mehr eingreifen.

Ich konnte immer wieder mein Tempo steigern, im Vergleich zu meiner Vorjahreszeit war ich meist schneller unterwegs, auf Reto allerdings konnte ich nur wenig Zeit gut machen. Kam ich ein paar Minuten näher, war die Motivation riesig, büßte ich ein paar Minuten ein, kam immer wieder Enttäuschung auf und ich benötigte wieder Motivation von meinem Team oder durch das Vorlesen von Mails und Gästebucheinträgen.

Die Stunden vergingen, die verbleibenden Kilometer wurden langsam aber sicher überschaubar weniger, das Duell kam in seine entscheidende Phase. Die Anstiege der Appalachen, welche wir am letzten Tag überwinden mussten, sollten eine Entscheidung bringen. Nach etwa 7 Tagen schlief ich in der Nähe von TS45 in Ellenboro das letzte Mal für eine Stunde, in der Dämmerung kletterte ich das letzte Mal in den Sattel und legte famos los. Ich war voll entschlossen und in einem perfekten Rhythmus, konnte die ersten Anstiege der Appalachen im Dunkeln hinter mich bringen. Ich war sehr schnell unterwegs, ich war in einem Rausch, ich war wirklich am Limit meines Könnens und wusste es läuft perfekt. Die körperlichen Strapazen wie Sitzbeschwerden, kribbelnde und taube Finger durch den ständigen Druck auf die Nervenbahnen, überstrapazierte Kniegelenke und schmerzende Muskeln konnte ich komplett ausblenden. Der Abschnitt von Cumberland nach Hancock lag nun vor mir, das ist die anspruchsvollste Etappe im ganzen Rennen.

War ich 2011 hier schon sehr gut unterwegs, konnte ich 2012 meine Zeit nochmals um ganze 20 Minuten verbessern. Umso frustrierender war die Information, dass ich wieder Zeit auf Reto einbüßte. Es blieben also nur mehr die letzten 200 Kilometer bis zum Ziel, um den Führenden noch abzufangen. Erst jetzt teilte mir Rainer mit, dass wir vom Stopp wegen des Tornados eine Zeitgutschrift von 1:15 Stunden erhielten, damit war das Duell nun nochmal total offen.

Ich wusste um meine Chance um den Sieg, kämpfte im hügeligen Terrain nach den Appalachen bei großer Hitze mit aller Kraft. Doch wir mussten erkennen, dass der Schweizer am Ende mit enormem Tempo unterwegs war, während bei mir Müdigkeit und Schlafentzug wieder einmal zuschlugen. Die anfänglichen Probleme, die Hitze, die tagelange Aufholjagd, der wenige Schlaf und die steilen Appalachen hatten Spuren hinterlassen. Wir waren in der bereinigten Zeit (Abzug der Startzeit und Zeitgutschrift) etwa eine halbe Stunde hinten, während Reto schon auf die Zielgerade einbog. Das Rennen um Platz eins war gelaufen, daher legten wir nochmals einen Powernap ein und ich rollte dann mit verringerter Belastung sicher, aber etwas unglücklich ins Ziel.

Nach 8 Tagen, 8 Stunden und 24 Minuten beendeten wir das RAAM 2012 auf Platz zwei, mit einer Leistung die mein Team und mich sehr stolz macht. Es war leistungsmäßig sicher besser als 2011, platzierungsmäßig leider nicht. Aber das ist Sport!

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei meinem Team, meinen Sponsoren und meinen Fans für die grandiose Unterstützung bedanken!

Fazit:
Ich bin sehr stolz auf unsere erbrachte Leistung: das ganze Team hat hervorragend gearbeitet! Trotz all der Probleme, die in den ersten beiden Tagen auftraten und die wir sehr gut gelöst haben, waren wir mit der gleich schnellen Zeit wie 2011 (8 Tage, 8 Stunden, 6 Minuten) im Ziel.

Besonders toll war die Arbeit von meinem Medienteam, die es (trotz der Internet-technischen Hindernisse im „Niemandsland“) den Zusehern mit Videos, Fotos und dem live-ticker ermöglichten, hautnah dabei zu sein. Unsere videoberichte von „groox“ hatten sogar mehr Klicks als die offiziellen Videos des RAAM, eines unserer Bilder wurde auf Facebook unfassbare 79 Mal geteilt – das sagt wohl mehr aus als tausend Worte!

Bei der TS13 in Montezuma Creek war ich zwischenzeitlich schon 6 Stunden hinter meiner Durchgangszeit von 2011, die ich dann im weiteren Rennen aber wieder aufholen konnte. Das war unter den schwierigen Bedingungen, stärkerem Gegenwind und vor allem der Hitze während des ganzen Rennens, eine spitzenmäßige Leistung. Wir haben im ganzen Rennen kein einziges Mal in der Nacht eine Schlafpause eingelegt, haben immer improvisiert und uns an die klimatischen Verhältnisse angepasst. Die Pausen waren immer tagsüber, um der Hitze zu entgehen und die kühlen Nächte zum Fahren zu nutzen.

Dass ich meine Stärke in der Nacht so gut ausspielen konnte war vor allem durch zwei technische Hilfsmittel möglich: das Zusatzlicht von APLED-Light, das mit erhöhtem Blauanteil die Konzentration verbessert, und dem großartigen Funkgeräten „Cardo BK-1“, die auch bei Wind und in Abfahrten eine rauschfreie Kommunikation zwischen Fahrer und Betreuern ermöglichen. Miteinander zu sprechen und starkes Licht machten es möglich 8 Nächte ohne Schlaf „durchzumachen“.

Ich habe beim RAAM 2012 sehr viel gelernt, vor allem dass man über Tage hinweg schneller fahren kann als man eigentlich glaubt. Man kann auch in schwierigsten Phasen durchhalten und am Ende, wenn einem die Müdigkeit in den Knochen steckt, auch noch Gas geben. 2011 fuhr ich meinen Rhythmus, 2012 musste ich immer etwas schneller fahren als ich aus eigenen Stücken wollte. Und trotzdem war es durchzuhalten und ich konnte die „verlorenen“ 6 Stunden wieder aufholen. Dass dabei „nur“ der zweite Platz herausschaute, hat einen einfachen Grund: Reto Schoch war einfach schneller und ich kann ihm dazu nur voller Respekt gratulieren. Ich brauche keine Ausreden zu suchen, oder mich dem „Was-wäre-wenn-Spiel“ hinzugeben. Ja, ich hatte am Anfang heftige Probleme, doch am Ende waren wir gleichauf, lieferten uns ein Kopf-an-Kopf-Duell und Reto war am Schluss unglaublich stark.

Das RAAM 2012 war ein großer Kampf, ein Erfolg und eine Bestätigung meines Sieges von 2011. Und 2013 geht es weiter, wir planen bereits das nächste RAAM und sind hoch motiviert dort wieder unser bestes zu geben!
*****

Abschließend noch eine kurze Anmerkung zu den skurrilen Vorwürfen von Reto Schochs Team. Während des Rennens wurden wir auf seiner Homepage und in Schweizer Zeitungsartikeln mehrere Male als unfair dargestellt. Wir hätten unseren Konkurrent angeblich schikaniert, ausspioniert oder uns mit „administrativen Winkelzügen“ eine Zeitgutschrift erkämpft. Hier können wir dem Team Schoch nur eine genaue Lektüre des RAAM-Regelbuches ans Herz legen, denn damit würden sich alle Missverständnisse aufklären:

- Es ist dem Team erlaubt andere Fahrer zweimal pro Stunde zu beobachten und Informationen über sie und ihren aktuellen Standort zu sammeln (Kapitel 580 „Spying“). Auch Zeitgutschriften gab es in 31 Jahren RAAM immer wieder, nämlich dann, wenn einem Fahrer die Weiterfahrt z.B. durch die Polizei verboten wird oder eine Straße unpassierbar ist (Kapitel 225 „Time Credits“).

Wir können auch nicht verstehen, warum wir daran schuld sein sollten, dass Reto in Bloomington wegen einer Baustelle die exakt vorgegebene Route abkürzte, es nicht für nötig empfand die Timestation 39 (an der Rückseite eines Einkaufszentrums) regelkonform anzufahren, und daher von Officials zurückbeordert wurde um den abgekürzten Kilometer nachzuholen (Zitat HP Reto: „In Bloomington war das ganze Straßennetz des Timestation-Häuserblocks im Umbau. Wir fuhren daher nur eine Ecke des Häuserblocks an und dann weiter Richtung Ost.“).
Retos Team wirft uns Unsportlichkeit vor, handelt aber so? Wie passt das zusammen? Am Rande sei erwähnt, dass Abkürzen der Strecke bei konsequenter Regelauslegung ein Disquakifikationsgrund ist. Die Rennleitung hat wegen der Baustelle davon Abstand genommen.

Mein Team und ich haben uns immer an die Regeln und an „fair play“ gehalten und kein schlechtes Wort über Konkurrenten verloren, denn jeder Teilnehmer und Finisher des RAAM vollbringt gewaltige mentale und körperliche Leistungen!
Wir finden es schade, dass in einem so hochklassigen und spannenden Rennen ungerechtfertigte Beschuldigungen auftauchen.
Ein so starker Fahrer, der innerhalb eines Jahres nach seinem allerersten Langstreckenrennen das RAAM als Rookie in der drittschnellsten, jemals erreichten Zeit schier problemlos gewinnt, hat so etwas nicht nötig.

Liebes Team Reto Schoch,
ihr habt mit diesem Auftritt meinen ganzen Ehrgeiz geweckt, ich bin schon jetzt, kurz nach dem RAAM, wieder sehr motiviert, im nächsten Jahr stärker, fitter und schneller zurückzukommen, um wieder den ersten Platz zu erreichen. Auf ein faires und würdiges Rennen beim RAAM 2013!